Bewertung und Protokoll zum Erörterungstermin

 

Die BIHN-Rheinauen begrüßt die Durchführung des zweitägigen Erörterungstermins zum Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen (WAN) durch die SGD Süd. Dieser gab interessierten Bürgern und Institutionen die Möglichkeit ihre Bedenken vorzutragen und sich umfassend über den geplanten Polder zu informieren.

In der Sache können wir dem Polderplan u. a. aus nachfolgenden Gründen weiterhin nicht zustimmen

 
  1. Es wurde nicht schlüssig dargelegt, warum der Polder WAN überhaupt notwendig ist, wenn doch die Vorgaben aus dem Staatsvertrag 1984 bezüglich bereitgestellter Volumina bereits jetzt erfüllt ist und bereits jetzt Hochwasserschutz für ein ca. 120-jähriges Hochwasser bestehen soll.
  2. Es konnte auch nicht erklärt werden welche anderen Standorte in Betracht gezogen worden sind und nach welchen Kriterien Altrip gewählt wurde. Insbesondere möchten wir auf den Polderstandort Hördt verweisen, der zwar gebaut werden soll, aber nur für über 200 jähriges Hochwasser genutzt werden soll.
  3. In Altrip haben wir die Besonderheit, dass der Ort bezüglich des eingestauten Polders in Tieflage liegt und dadurch die bereits bestehende Druckwasserproblematik verstärkt und die Fluchtwege nicht sicher passierbar bleiben. Im Falle eines Deichbruches werden große Teile des Ortes relativ kurzfristig überflutet und die Fluchtwege werden unpassierbar.
  4. Es konnte nicht dargelegt werden, nach welcher Logik die Form des geplanten Polder (Taschenpolder weit ins Hinterland) zustande kam. Es wäre in Standortnähe die Rückverlegung des Rheinhauptdeiches als zusätzlicher ungesteuerter Hochwasserschutz oder die Anlage eines Polders sozusagen entlang des Flusses denkbar.
  5. Zur Passierbarkeit der Fluchtwege im Einstaufall ist sich die Behörde nicht sicher. Deshalb wurden weitere Untersuchungen und Plananpassungen zugesagt. Der Katastrophenfall Dammbruch findet in der Planung (mangels Zuständigkeit) keine Berücksichtigung.
  6. Zum nicht ertüchtigten Deichabschnitt musste man zugeben, dass dieser eine Gefahr für den derzeitigen Hochwasserschutz in Altrip darstellt. Man beabsichtige aber nicht die Ertüchtigung vorzunehmen. Lediglich geologische Untersuchungen zur Auffindung der bedrohlichsten Schwachstellen wurden in Aussicht gestellt. Im Falle eines Hochwassers möchte man in diesem 1,5 km langen Abschnitt mit mobilen Maßnahmen (sprich Sandsäcken) Sicherheit herstellen. Eine diesbezügliche Katastrophenschutzübung des Rhein-Pfalz Kreises in 2022 bewies, dass notwendigen Mittel (Sandsackfüllanlage, Befahrbarkeit des Bermenweges) und Manpower nicht ausreichend wären.

Vorhabenbestandteile

Das Protokol der SGD Süd fassen wir wie folgt zusammen  

Das von der SGD Süd veröffentlichte Protokoll gibt den Verlauf der Veranstaltung komplett wieder.

Wir möchten festhalten, dass die SGD Süd nach der Bearbeitung der Anträge (siehe weiter unten) den Planfeststellungsbeschluss u. U. erneut ausgelegen muss. Es liegt somit derzeit keine juristisch anfechtbare Entscheidung bezüglich der Planänderungen gegenüber dem Stand von 2006 und 2018 vor.

Während der beiden Tage des Erörterungstermins wurden verschiedene Anträge gestellt, die sofort genehmigt wurden wie:

  • A1: Tonbandmitschnitt der Veranstaltung
  • A3: Bereitstellung der Daten der Natura 2000 Verträglichkeitsstudien
  • A11: Existenzgefährdungsgutachten – Gesprächsangebot

und Anträge über die im weiteren Verfahren entschieden werden soll: 

  • A2: Übermittlung der Stellungsnahmen zum 2018er PFB
  • A4: Durchführung der Grundwassermodellberechnungen nach aktuellem Stand der Technik
  • A5: Neuer Fachbeitrag nach Wasserrahmenrichtlinie
  • A6: Beteiligung der Öffentlichkeit bei Vorliegen des neuen Fachbeitrages
  • A7: Es soll ein Gutachten zur Evakuierung der Menschen aus Altrip erstellt werden
  • A8: Durchführung und Offenlegung einer Klimaverträglichkeitsprüfung
  • A9: Offenlage der Erfassungsergebnisse der in den Unterlagen nicht dargestellter Arten
  • A10: Offenlegung der Datengrundlage für den Vergleich WAN-Hördt unter habitatschutzrechtlichen Gesichtspunkten
  • A12: Prüfung des Erhalts des Radwegs auf dem Rheinhauptdeich nach Rückbau

Aus den Diskussionsbeiträgen heraus gab es noch die folgenden Zusagen seitens der SGD Süd:

  • Z1 und Z2: Zwei Anwohnern wurde zugesagt die Planung in deren Bereich zu überprüfen
  • Z3:   Die K13 wird im Bereich des Campingplatzes so angepasst, dass sie im Einstaufall befahrbar bleibt.
  • Z4: Die K13 so angepasst wird, dass die im Einstaufall ganz trocken bleibt.
  • Z5:  von H. Koch mit der Bürgerinitiative einen Vor Ort Termin an der Rehbachbrücke (Bereich der K7) zu machen
  • Z6: zur Bereitstellung naturschutzfachlicher Daten aus dem Projekt Hördt
  • Z7: Zur Vorlage eines geotechnischen Gutachtens für den nicht ertüchtigten Deichabschnitt

Die SGD Süd hat auf Nachfrage geantwortet, dass die in der Niederschrift weiterhin enthaltenen Zusagen und stattgegebenen Anträge derzeit bearbeitet werden. Man hofft im September erste Ergebnisse sowie verbindliche Informationen zum weiteren Fortgang des Verfahrens übermitteln zu können.  

Für die BIHN-Rheinauen sind die Zusagen

Katastrophenschutzübung 2022, nicht ertüchtigter Deichabschnitt

  • bezüglich der K13, der nach Waldsee führenden Straße, so hergerichtet wird, dass sie im Einstaufall (Flutung des Polders bei Hochwasser) trocken passierbar und damit als Fluchtweg erhalten bleibt
  • die Vorlage des geotechnischen Gutachtens zum nicht ertüchtigten Deichabschnitt

sehr wichtige Ergebnisse der Veranstaltung. Wir hätten uns gewünscht, dass auch

  • das Gutachten zur Evakuierung der Altriper Bevölkerung also die Evakuierungssimulation zugesagt worden wäre.

Die Veranstaltung hat auch gezeigt, dass die Planung des PFB 2023 nicht alle gerichtlich bestätigten Anforderungen erfüllt und das einzelne Gutachten (Grundwassermodell, Naturschutz) aufgrund ihres Alters nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen. Die Planer gehen bei der K7 (Straße nach Rheingönheim, besonders im Bereich der Rehbachkurve und -brücke) von einer Standfestigkeit (bis zum Bemessungshochwasser) auch bei zweispuriger Nutzung aus. 

Neues vom Erörterungstermin

Das Protokoll 

zu dem Erörterungstermin im November 2024 wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Eine Nachfrage bei der SGD Süd ergab, dass dieses in Kürze auf den Seiten des UVP Portals und der Webseite der SGD Süd erfolgen soll.

 

Nachwirkungen des Erörterungstermins

Im Amtsblatt vom 21./23. Mai 2025 wurde als „Berichterstattung Ortgemeinderat“ unter Punkt 7 „außerhalb der Zeit“ auf Seite 15 über eine Sitzung der SGD Süd mit der VG Rheinauen berichtet (siehe unten). Darin ging es wohl um die im Zusammenhang mit der Rückverlegung des Rheinhauptdeiches im Bereich der Rehbachmündung verschärfte Druckwasserproblematik für die Altriper Entwässerungsgräben und den Neuhofener Altrhein.

Als Bürger würden wir uns hierzu zeitnahe und ausführliche Informationen durch die Ortsgemeinde wünschen. Bei der Gemeinderatssitzung am 23.06 um 19:30 im Rathaus besteht für uns Bürger die Möglichkeit nachzufragen was ein „ernstgemeinter Arbeitsauftrag“ bedeutet und an welche Lösungsansatze man denn denkt.

Ausschnitt aus dem Amtsblatt vom 21./23. Mai 2025

 

Fluchtweg nicht gesichert

Im Falle eines Hochwassers und der damit einhergehenden Flutung des geplanten Polders gibt es für die Altriper Bürger keinen gesicherten Fluchtweg mehr:

Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes 2015 zum Planfeststellungsverfahren wurde bereits festgestellt: 
„Bei Polderflutung ist die Fahrbahn der K13 nach Waldsee mindestens im Bereich „Auf der Au“ ca.20 cm überflutet“. Eine Benutzung der Straße in Richtung Waldsee ist dann also nicht mehr möglich. 

1. Fluchtwegeproblematik:
Im Falle eines Hochwassers und der damit einhergehenden Flutung des geplanten Polders gibt es für die Altriper Bürger keinen gesicherten Fluchtweg mehr:

IDas Gericht stellte fest, dass die K7 nach Rheingönheim deshalb so ausgebaut werden muss, dass sie im Falle einer Polderflutung als einziger Fluchtweg befahrbar bleibt. Das ist bislang nicht passiert.

Siehe nebenstehendes Bild, blaue Markierung = nicht befahrbare Straßen im Falle von Hochwasser und geflutetem Polder.

Die Rheinpfalz 21. Sept. 2023

Ludwigshafener Rundschau 21. September 2023 – Land
Polder: Neuer Anlauf des Landes
Von Markus Müller 

Altrip. Der vom Land Rheinland-Pfalz angestrebte Polder soll helfen, die Städte Ludwigshafen und Mannheim vor einer sogenannten Jahrhundertflut zu schützen. Dazu würden bei einer solchen bis zu neun Millionen Kubikmeter Wasser vorübergehend aus dem Rhein in die geplante Hochwasser-Rückhaltefläche geleitet. Was von der Überlegung her gut klingen mag, bereitet den Altripern seit jeher große Sorgen: Denn durch das Fluten des Polders würde die Kommune komplett vom Wasser umschlossen – ähnlich einem Deichbruch.
Mit dem einzigen Unterschied, dass der Ort selbst und die beiden Kreisstraßen nach Waldsee und Ludwigshafen nicht überschwemmt würden. Theoretisch jedenfalls. Im Ernstfall hinge das Überleben der rund 8000 Altriper davon ab, dass die Planer bei der SGD Süd in Neustadt alles absolut perfekt vorbereitet, alle Eventualitäten bestmöglich bedacht und penibel durchgeprüft haben. Und just bei der entsprechenden Planung – inzwischen sind es zwei Verfahren – sehen die Altriper gravierende Mängel, vor allem in der zugrundeliegenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Seit 2006 haben sich die Gemeinde und mehrere Privatkläger durch alle Instanzen geklagt – bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, der ihnen 2015 Recht gab. In der Folge kassierte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Koblenz ein, das die Klagen aus Altrip abgewiesen hatte.

Enthält die UVP Fehler

Nun müssen die Koblenzer Richter feststellen, ob die UVP wirklich Fehler enthält, ob der geplante Polder mit dem Natur- und Umweltschutz vereinbar ist und ob Altrip sowie die beiden einzigen Flucht-/Evakuierungsrouten bei Hochwasser ausreichend sicher sind. Diese Aufgaben hat das OVG acht Jahre später noch nicht erfüllt. Derweil versucht die SGD seit 2018, mit einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren nachzubessern und so den Polder auf ein rechtssicheres Fundament zu bekommen. Allerdings haben auch die angepassten Pläne die Bedenken der Altriper nicht ausräumen können. Sie haben 336 Einwendungen dagegen geltend gemacht, die ursprünglich 2019 bei einem Erörterungstermin vor Ort hätten besprochen werden sollen. Vier Jahre und eine Pandemie später warten die Altriper hierauf ebenfalls noch. Oder wie es Altrips heutiger Ortsbürgermeister Volker Mansky (parteilos) ausdrückt: „Das sollte ja schon bei meinem Vorgänger Jürgen Jacob stattfinden.“ 

Frist: 16.Oktober

Von 7. August bis 15. September hat die SGD Süd jetzt ihre erneut überarbeiteten Pläne offengelegt. In dieser Zeit haben sich die Altriper Bürger, aber auch ihre ebenfalls von dem Projekt betroffenen Nachbarn in Waldsee und Neuhofen sowie vielleicht interessierte Otterstadter die Unterlagen in den Räumen der Verbandsgemeinde Rheinauen ansehen können. Bis spätestens 16. Oktober haben sie und die Kommune nun Gelegenheit, wiederum Einwendungen geltend zu machen. Es sei denn, der jüngste Entwurf hat sie überzeugt. Doch danach sieht es nicht aus. „Wir werden fast alle unsere Einwendungen beibehalten“, erklärt Mansky auf RHEINPFALZ-Nachfrage. Eventuell kämen sogar noch neue dazu. „Das prüft unsere Rechtsanwaltskanzlei momentan.“ Der Haupt- und Finanzausschuss habe in dieser Sache bereits intern in einer nichtöffentlichen Sitzung mit Detlef Schneider, Büroleiter der Verbandsgemeindeverwaltung, und Vertretern der Anwaltskanzlei „verfahrenstaktische Dinge“ besprochen.

 BIHN bleibt bei ihrem Nein

Auch die Bürgerinitiative für Hochwasser- und Naturschutz Rheinauen (BIHN) lehnt die Pläne des Landes weiter ab. „Ja, wir brauchen Hochwasserschutz – aber nicht so“, sagt der Vorsitzende Dieter Neugebauer. „Denn der Betrieb des Polders würde Altrip kesselartig einschließen. Wasser auf allen Seiten, zum Teil vier Meter über Ortsniveau. Dazu kommt die Zerstörung wertvoller Naturräume“, erläutert er. Darüber hinaus betont Neugebauer, dass die Betroffenen keineswegs dem Sankt-Florians-Prinzip folgen – „Polder ja, aber nicht bei uns“ –, sondern die Einwendungen gegen das Projekt berechtigt seien. Das habe sich in den diversen Gerichtsverhandlungen gezeigt. 35 Jahre, nachdem Altrip als Ersatzstandort für einen Polder bei Hördt vorgeschlagen wurde, nach zwei Nachbesserungen und vielen Ausnahmegenehmigungen sowie mit Ausgleichsmaßnahmen lediglich im Pfälzerwald glaube die SGD nun dennoch, das Projekt sei genehmigungsfähig. Deswegen wolle die BIHN nicht zuletzt jüngeren Mitmenschen verdeutlichen, was da auf sie zukomme, sagt Neugebauer. So würden neben dem Polder an sich die Belastungen während der ungefähr zehnjährigen Großbaustelle Altrip massiv verändern. „Ganz zu schweigen davon, dass wir in all den Jahren mit dem permanenten Risiko leben, dass die Deiche in unserer Region niedriger sind als stromauf und stromab. Erschwerend kommt hinzu, dass die Fluchtwegeproblematik im Überflutungsfall nicht gelöst ist“, warnt der Vorsitzende. Die BIHN sei zudem nach wie vor davon überzeugt, dass bei Altrip nicht der richtige Standort für eine Hochwasserrückhaltung ist. „Wir appellieren deshalb an die Verwaltung und betroffene Bürger, nach Begutachtung der ausgelegten Unterlagen, ihre Einwendungen wie in der Vergangenheit auch schriftlich einzureichen.“ Daneben fordert Neugebauer, der auch für die Grünen im Altriper Ortsgemeinderat sitzt, dass das Thema – nach den legitimen nichtöffentlichen Vorberatungen – öffentlich diskutiert wird, bevor das Dorfparlament Beschlüsse fasst. „Wir appellieren daher auch an die Mandatsträger, die sich vor der Wahl klar gegen den Polder positioniert haben, diese Position nicht aufzugeben“, betont der BIHN-Vorsitzende.